« Die Landeslotterie ist ein Segen »

Numéro 17 – Mars 2008

Die Initiative « Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls » ist von Persönlichkeiten aus Kultur und Sport lanciert worden. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass sie auch von den Kantonen unterstützt wird. Der Bündner Regierungsrat Claudio Lardi, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements, erklärt, welche Bedeutung die Lotteriegelder für die Förderung von Kultur und Sport im Kanton haben und weshalb sie unverzichtbar sind.

Herr Regierungsrat Lardi: Der Kanton Grau­bünden hat 2007 mehr als 11 Millionen Fran­ken aus dem Reingewinn von Swisslos erhalten. Wofür setzt der Kanton dieses Geld ein?

Wir unterstützten damit Sport- und Kultur­ver­anstaltungen. Nicht vergessen darf man auch die Denkmalpflege. Für kulturelle Projekte standen im letzten Jahr mehr als 8 Millionen Franken zur Verfügung, für den Sport gut 3 Millionen. Wenn man von Kultur spricht, ist oft von Leuchttürmen die Rede. Wir haben aber einen breiten Kulturbegriff. Die Lotteriegelder erlauben uns, sowohl die professionelle Hochkultur zu fördern als auch die im Alltag verankerte Volkskultur. Wir können damit überall im Kanton, wo etwas produziert wird im kulturellen Be­reich, Unterstützung leisten. Das ist oft nicht bekannt, aber die Leute vor Ort merken dassehr. So werden Projekte ermöglicht, die sonst nicht realisiert werden könnten.

Wie hoch ist der Betrag von Lotterie­fonds­beiträgen für Kultur im Verhältnis zum ordentlichen Kulturbudget des Kantons?

Im Amt für Kultur haben wir jährlich einen Aufwand von rund 26 Millionen Franken, finan­ziert wird damit aber auch die ganze Ver­walt­ung. Aus dem Topf der Landes­lot­terie kom­men jährlich 8 bis 9 Millionen da­zu, die für Pro­jekte eingesetzt werden können. Da­für sind wir sehr dankbar. Die Gelder der Landes­lotterie geben der Regierung einen ge­wissen Spiel­raum, unabhängig vom ordentlichen Budget kultur­elle Ver­anstal­tungen zu finanzieren.

Im Kanton Graubünden herrschen mit seinen drei Sprachen, dem grossen Kantonsgebiet und der grossen kulturellen Vielfalt spezielle Verhältnisse. Wie wichtig sind in diesem Kontext die relativ frei einsetzbaren Mittel aus dem Lotteriefonds?

Sie sind lebensnotwendig. Dank der Gelder aus dem Lotteriefonds können kulturelle Aktivitäten auf dem ganzen Kantonsgebiet unterstützt werden, die sich sonst vor allem in den Zentren konzentrieren würden. Die Lotteriefondsgelder sind oft eine Art Anschubfinanzierung. Im letzten Jahr konnten mit dieser Unterstützung in Graubünden kulturelle Anlässe für 70 bis 80 Millionen Franken realisiert werden. Das ist gut investiertes Geld.

Welche Konsequenzen hätte es für den Kanton, wenn diese Erträge substanziell zurückgehen würden?

Das wäre für uns sehr schwierig, bei der Kultur wie auch beim Sport. Denn wir wären ge­zwungen, diese Beträge in der ordentlichen Staatsrechnung zu budgetieren. Kultur und Sport sind aber nur zwei von vielen « Grund­nahrungsmitteln », die der Kanton braucht. Das heisst, Kultur und Sport wür­den in Kon­kurrenz treten zu anderen wichtig­en Auf­ga­ben des Kantons, die auch finanz­iert wer­den müssen, und wir würden uns mit un­seren Anliegen nicht immer durch­setzen. Die Folge wäre eine kulturelle Verarmung im Kanton Graubünden.

Jetzt haben Kreise aus Kultur und Sport die Initiative « Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls » lanciert. Die Kantone unter­stützen die Initiative. Weshalb tun sie das, und was versprechen sie sich davon?

Wir müssen zur Kultur Sorge tragen, und wenn wir das wollen, müssen wir zur Lan­des­lotterie Sorge tragen. Es gibt eine klare Ver­bind­ung zwischen dem, was dank der Mit­tel aus dem Lotterie­fonds möglich wird, und dem kulturellen Leben im Kanton. Es ist sehr wichtig, dass diese Mittel hier im Kanton ausge­geben werden. Auch der Ver­teil­schlüssel ist transparent, fair und nach­voll­ziehbar, indem die Gelder nach der Be­völker­ungszahl und dem Spieler­trag an die ein­zelnen Kantone aus­ge­schüttet werden. Die Mein­ung, man könne auf andere Sponsoren zurück­greifen, wenn diese Gel­der weg­fallen, ist eine Illusion. Die Mittel aus dem Lotterie­fonds werden auch ohne Hinter­ge­danken gesprochen – wir wollen nicht für irgend­etwas Werbung machen oder Produkte verkaufen. Unser einziges Ziel ist die Förderung der Kultur und des Sports.

Die Initiative will den Status quo zementieren, das heisst, die Kantone sollen weiter­hin für die Lotterien zuständig sein, und die Gewinne müssen für das Gemeinwohl eingesetzt werden. Besteht im Moment über­haupt Handlungsbedarf? Die Revision des Lotterie­gesetzes ist auf Eis gelegt, nachdem die Ver­nehmlassung vernichtend ausgefallen ist, und die Kantone haben das Lotteriewesen in einem Konkordat geregelt.

Die Politik reagiert auf Druck. Mit dieser Initiative, die ich für notwendig halte, können wir die Diskussion führen und den Kul­turschaffenden die Wichtigkeit dieser Insti­tution vor Augen führen. Es geht darum, den Status quo zu sichern, aber es geht auch um die Möglichkeit zu erklären, weshalb die Landeslotterie, so wie sie heute besteht, ein Segen ist. Alles, was gut funktioniert, wird häufig nicht zur Kenntnis genommen. Das gilt auch für das System der Landeslotterie.

Dank dem Geld aus dem Lotteriefonds wurden im letzten Jahr in Graubünden kulturelle Anlässe für 70 bis 80 Millionen Franken realisiert. Das ist gut investiertes Geld.

Swisslos führt im Auftrag der Kantone die Lotterien in der Deutschschweiz durch, in der Westschweiz ist es die Loterie Romande. Mit der Initiative wird versucht, dieses Monopol zu zementieren und einer Liberalisierung der Lotterien einen Riegel zu schieben. Braucht es dieses Lotteriemonopol?

Was ist die Alternative? Eine Liberalisierung würde bedeuten, dass die Gewinne privatisiert würden. Das Geld würde in die Tasche von Unternehmen fliessen, die alles andere als die Kultur oder den Sport im Sinn haben, während die Kulturschaffenden überallim Land das Nachsehen hätten. Wenn weni­ger Geld zur Verfügung steht, hat das negative Folgen für die Kulturschaffenden und die kulturelle Vielfalt, das ist klar. Deshalb müssen wir uns dafür einsetzen, dass das nicht passiert.

Die Auseinandersetzung um die Liberali­sierung der Lotterien ist auch ein Ringen zwischen den Kantonen und dem Bund um die Hoheit bei den Geldspielen. Bisher lag die Ausrichtung der Lotterien in der Kompetenz der Kantone. Weshalb muss das aus Ihrer Sicht so bleiben?

Never change a winning team! Das System funktioniert gut und mit wenig administrativem Aufwand. Wir sehen überhaupt nicht ein, weshalb man hier etwas ändern sollte. Es muss nicht alles staatlich organisiert werden. Gerade die Landeslotterie ist aber ein Beispiel dafür, dass es gut funktionieren kann, wenn die Verhältnisse überschaubar sind, das heisst, die Kompetenzen bei den Kantonen liegen. Ich bin auch Mitglied der Er­­ziehungsdirektorenkonferenz und würde mir wirklich nicht wünschen, dass alle Entscheide in diesem Bereich von einem Bundesamt gefällt werden. Die Kantone sind durchaus in der Lage, sich zu verständigen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.

Die Konkurrenz aus dem Ausland, vor allem via Internet, wird für die nationalen Lotterieanbieter zu einem immer grösseren Problem. Ist die Initiative ein probates Mittel dagegen?

Da gibt es vermutlich gescheite Leute, die darüber nachdenken. Wir müssen prüfen, ob wir selber Konkurrenzprodukte aufschalten sollen. Doch die Globalisierung können wir mit der Initiative nicht aufhalten.

Ist es überhaupt möglich, dem Liberal­isie­rungs­druck zu widerstehen? Die Liberal­i­sier­ungs-Lobby scheint sehr stark zu sein, auch in der EU ist die Liberalisierung der Lot­terien ein Thema.

Wenn man überzeugt ist, dass man etwas Gutes tut, darf man sich nicht entmutigen lassen. Wir machen jetzt, was möglich ist, wir spielen unser Spiel mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Dazu gehört die Initiative. Am Schluss kann sich die Be­völ­kerung für das eine oder andere ent­schei­den. Im Moment geht es darum, auf die Fol­gen einer unnötigen Liberalisierung des Lotteriewesens aufmerksam zu machen.

Glauben Sie, dass das gelingt?

Wenn wir aufzeigen können, wofür dieses Geld eingesetzt wird, bin ich zuversichtlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Kanton Graubünden eine Mehrheit geben könnte, die dagegen ist.