Zum Beispiel : Drei Projekte
Simultanes Heim- und Fernweh »
Eine musikalische Invasion vom Lande
Eine Sammlung alter Schellack-Platten mit Appenzeller Volksmusik auf einem Estrich inspirierte den Bassisten Patrick Kessler und den Cellisten Stefan Baumann zu einem ureigenen Zugang zu traditionellen musikalischen Formen wie Walzer, Polka, Schottisch oder Mazurka.
Bereits mit ihrer Band Import-Export mischten sie bosnische Underground- Zigeunermusik mit heimischen Klängen zu « Balkan-Electronics » und experimentierten mit verschiedenen Formationen.
Zurzeit importieren sie ihre Ideen wieder aus dem Appenzellischen, und die Besetzung Kontrabass, Videobass, Cello, Akkordeon, Drums und DJ lässt eine unkonventionelle « Stobete » erahnen.
Es gehe nicht darum, den perfekten, in sich geschlossenen traditionellen Stücken « Birre, Wegge, Chäs und Brot » oder einem « Zäuerli », dem typischen halbimprovisierten Jodel, einfach einen Beat zu unterlegen. « Wir wollen, inspiriert von der traditionellen Musik, etwas Eigenes machen. Es ist mehr eine Hommage als eine Neuerfindung » betont Patrick Kessler. Für 2009 planen die beiden Musiker unter dem Namen Ballroom eine Tournee durch die ganze Schweiz, zusammen mit einem original Appenzeller Tanzboden, der Band Import-Export und weiss verpackten Heusiloballen, welche als Bühnenbild und Projektionsfläche für bewegte Impressionen ruraler Idyllen dienen sollen. Die visuelle Performance steuert das fribourgische KünstlerInnenduo [a n y m a], unter anderem mit einem selbst entwickelten « Videobass », auf dem das Duo Bilder live bearbeitet.
Die plastikumwickelten Heuballen, « die Symbole der technisierten Landwirtschaft », haben es den Initianten angetan. Das Spiel mit Natur und Technik, Stadt und Land, Tradition und Innovation treibt Ballroom konsequent auf die Spitze: Aus Sprühdüsen strömt Heuduft als ländlicher Hauch durch den stroboskopisch durchzuckten Raum. An der Bar werden Naturprodukte bereitstehen.
Ihre Ideen können Patrick Kessler und Stefan Baumann dank der « sehr grosszügigen Unterstützung » des Lotteriefonds umsetzen. Als Nächstes geht Import-Export ins Studio, um die neualten Töne und Bilder professionell zu bearbeiten und aufzuzeichnen. Und dann werden die Musiker bereit sein für die « Stobeten-Tournee » in urbane Randzonen.
Gründerzeit 2004
Die Zürcher Filmstiftung
Was haben populäre Filme wie « Vitus », « Die Herbstzeitlosen » oder der polarisierende « Sieben Mulden und eine Leiche » gemeinsam? Sie alle wurden durch die Zürcher Filmstiftung unterstützt und mitermöglicht.
Die im November 2004 nach einer erfolgreichen Volksabstimmung über die Erhöhung des Filmkredites in der Stadt Zürich gegründete Stiftung dient als Modell für die Filmförderung in der ganzen Schweiz. Neben dem Bund und dem Schweizer Fernsehen ist die kantonale Filmstiftung die drittgrösste nationale Förderungsinstanz im Filmbereich. Sie unterstützt jährlich etwa 80 Filmprojekte in den Kategorien Entwicklung, Weiterentwicklung und Produktion mit einer Gesamtsumme von 8 bis 9 Millionen Franken.
Nicht nur das überzeugende jahrelange Engagement des Vereins (Zürich für den Film) bereitete der Stiftung das Terrain, sondern auch das wachsende politische Bewusstsein, dass Kultur einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik und zur Attraktivität der Region Zürich leistet.
Möglich wurde der markante Ausbau der Filmförderung durch ein einmaliges Startkapital von 20 Millionen aus dem Zürcher Lotteriefonds.
Die Zürcher Filmstiftung versteht sich als Ermöglicherin individueller Kreativität. Die Transparenz ihrer Entscheide und das Engagement der Träger verleihen der Stiftung kulturpolitisches Profil und Selbstbewusstsein. Dieses lässt sie zuweilen auch bewusst Risiken eingehen und gegen die nivellierende KonsensundKompromisskultur antreten. Bei der Beurteilung der Projekte vertraut die Stiftung auf die Gewissenhaftigkeit, die Sensibilität und Kompetenz ihrer zwei je fünfköpfigen Kommissionen in den Sparten Fiction und Nonfiction. Von Publikums- und Marktanalysen oder von einem Intendanten-Modell hält der Geschäftsführer Daniel Waser wenig. « Wir wollen einen Nährboden schaffen, auf dem möglichst Vielfältiges wachsen kann und nicht mit dem Druckschlauch zarte Pflänzchen wegblasen. Insofern bekennen wir uns zum Giesskannen-Prinzip. » Die Gründung der Stiftung in Zeiten strenger Sparkurse war ein kleines Wunder, das ohne Kapital aus dem Zürcher Lotteriefonds nie zustande gekommen wäre.
Ein fragil-poetisches Spektakel
Das Theaterfestival « Erlach lacht »
Seit 1999 veranstalten die Theaterschaffenden Susanna Hug und ihr Lebenspartner Bernd Somalvico alle zwei Jahre das Theaterfestival « Erlach lacht ». Jeweils Mitte Juli laden die beiden während vier Tagen Klein- und Strassentheater-Gruppen nach Erlach am Bielersee ein und versetzen das idyllische Städtchen in einen kreativen Ausnahmezustand: Pantomimen, Puppen, Akrobaten und Clowns beleben die Bucht « Mon Plaisir » und die umliegenden Strassen, aber auch im Theaterwagen und einem kleinen Zelt wird gespielt.
Überschaubar und familiär ist das Festival, das 2007 immerhin von 3000 Leuten besucht wurde. Grösser soll es auch in Zukunft nicht werden: « Unser Publikum soll nahe an der Bühne sein, den Atem und den Schweiss der Auftretenden spüren », meint Susanna Hug. Die Mitbegründerin hat ihre Wurzeln im Clown- und im Improvisationstheater und lädt mit Vorliebe Truppen ein, die im Grenzbereich von Lachen und Weinen, Tragik und Komik agieren. Philosophischer Hintersinn, Wortakrobatik, skurrile Requisiten undinnovatives Puppentheater, kurz Darbietungen zum Lachen und Schmunzeln, die nicht auf banales Schenkelklopfen schielen, lassen ihr Herz höher schlagen. Das « absurd fragil-poetische Spektakel », wie sie es nennt, war einst ein Traum des Organisatorenpaars. Dank vielfältiger Hilfe konnte er Wirklichkeit werden. Das Festival ist stark in der Region verwurzelt und wird von einem Förderverein getragen. Die Gemeinde, Gewerbetreibende, das Engagement unzähliger Freiwilliger und nicht zuletzt der Kanton mit einem Beitrag aus dem Lotteriefonds, ermöglichen das Festival. Zum Projektstart sei eine kleine Unterstützung vom Lotteriefonds schnell geflossen, erzählt Susanna Hug, bei den wiederkehrenden Beiträgen sei das schwieriger. Der Kanton schliesst die Förderung von publikumswirksamen Sparten explizit aus, da sei in den Gesuchen viel Überzeugungsarbeit nötig. Diese war 2007 erfolgreich, zum Glück, denn ohne das Festival, ohne den kantonalen Lotteriefonds gäbe es in Erlach weniger zu lachen.